RKW-Forum 2019: Zukunft gestalten mit Big Data und KI

Big Data und Künstliche Intelligenz werden tiefgreifende Veränderungen mit sich bringen und Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben. Darin waren sich die Experten beim RKW-Forum 2019 einig. Zu Angst oder gar Panik bestehe aber kein Grund, befand Prof. Dr. Viktor Mayer-Schönberger in seinem Vortrag. Was nicht bedeute, sich zurücklehnen zu können: "Sie und mich trifft die Pflicht, die Zukunft zu gestalten", appellierte der Professor für Internet Governance and Regulation am Oxford Internet Institute an die 370 Besucher im Plenum der BW-Bank in Stuttgart.

In seiner Begrüßung hatte zuvor Martin Peters, der Vorstandsvorsitzende des RKW Baden-Württemberg e.V., auf die zentralen Aspekte des Themas eingestimmt. So könnten KI und Big Data Beiträge zu den großen Menschheitsfragen leisten, beispielsweise beim Kampf gegen den Klimawandel mit Hilfe von neuen integrierten Mobilitätskonzepten. Zugleich müsse aber auch nach sozialverträglichen Lösungen für einen neuen Arbeitsmarkt gesucht werden. Und nach einer Antwort auf die Frage:

Was, wenn mit der digitalen Transformation eine digitale Deformation des Menschen einhergeht?"

Prof. Mayer-Schönberger, Autor der Bestseller "Big Data" und "Das Digital", stellte die Chancen der neuen Technologien in den Vordergrund. "Wir können mit Big Data und Künstlicher Intelligenz bessere Entscheidungen treffen auf der Basis von Fakten", lautete seine zentrale These. Die Potenziale hierfür seien noch nicht annähernd ausgeschöpft. So würden in Europa bislang 85 Prozent aller erhobenen Daten nicht ein einziges Mal genutzt.

Und das, obwohl mit ihnen erstmals auch ganz neue Herangehensweisen möglich seien. Beispielsweise in Form individualisierter Medizin, die sich nicht an einem fiktiven Durchschnittspatienten orientiert, sondern genau die zum Einzelnen passende Therapie ermöglicht. Mit vorhandenen Antworten in Form von Daten ließen sich zudem für viele Probleme erstmals die richtigen Fragestellungen entwickeln, so Prof. Mayer-Schönberger. Als Schlüsselfrage gerade für die mittelständische Wirtschaft benannte er die Zugangsmöglichkeiten zu solchen Daten. Hier liege auch für den Gesetzgeber eine wichtige Aufgabe, denn tendenziell führten datengetriebene Geschäftsmodelle zu Wettbewerbsvorteilen für große Unternehmen und Konzerne.

Carsten Kraus, Vorsitzender der bwcon-Fachgruppe für Künstliche Intelligenz und Geschäftsführer der Omikron Data Quality GmbH, brachte in der anschließenden Podiumsdiskussion hierfür die Idee einer öffentlich organisierten "Bundeszentrale für pseudonymisierten und anonymisierten Datenaustausch" ein. Der Mittelstand benötige einen Zugang auch zu großen Datenbeständen, die er selbst nicht erheben könne, um innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Vor einer Überhöhung der Daten warnte Prof. Dr.-Ing. Prof. e. h. Wilhelm Bauer. Der geschäftsführende Institutsleiter des Fraunhofer IAO und Technologiebeauftragte des Landes Baden-Württemberg verwies darauf, dass in der Verbindung der Daten mit der physischen Welt große Chancen und Herausforderungen lägen. Die gesellschaftliche Debatte darüber, wo die Grenzen hierfür liegen, habe gerade erst begonnen. China sei ein warnendes Beispiel dafür, dass nicht jede datengetriebene Entwicklung automatisch gut sei. Er zeigte sich aber überzeugt, dass die Menschen intelligent genug seien, Technik für eine Verbesserung der Welt zu nutzen und sich nicht von Computern gängeln zu lassen.

Daran knüpfte Robin Schönbeck, Mitgründer der Firma PACE Telematics, an. Er stellte Möglichkeiten vor, wie auch in Zeiten einer restriktiven Datenschutzgrundverordnung durch die Schaffung eines praktischen Mehrwerts Nutzer davon überzeugt werden könnten, ihre Daten zur Verfügung zu stellen. Den Kunden ins Zentrum eines Geschäftsmodells zu stellen sei dafür die Voraussetzung.

Wenn wir kritisches Hinterfragen niemals auslassen, dann ist KI eine wunderbare Sache", so Schönbeck.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt waren sich die Diskutanten einig, dass KI und Big Data viele neue Möglichkeiten eröffnen. Es gehe daher "weniger um die Frage der Zahl der Arbeitsplätze als um eine starke Aufspaltung des Arbeitsmarkts", so Robin Schönbeck. Wegfallen würden viele Tätigkeiten für weniger gut qualifizierte Personen.

Untergangsstimmung kam beim RKW-Forum angesichts solcher Herausforderungen aber nicht auf. Dystopien von einer Künstlichen Intelligenz, die bald das gesamte Universum unterjoche, erteilte Carsten Krauss eine Absage. Wenn man davon ausgehe, dass intelligentes Leben nicht nur auf der Erde existiere, müsse man sich fragen: "Warum sind sie nicht schon längst hier, wenn Künstliche Intelligenz darauf aus wäre?" Und eine tröstliche Antwort auf die Frage, was KI nicht kann, hatte auch Prof. Mayer-Schönberger für die Überleitung zum Buffet parat: "Gute Maultaschen kochen."

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