Gummi in Verbindung mit Metall: Das ist das Gebiet, auf dem die Jörn GmbH punktet. Im Fahrzeugbau seit Jahrzehnten – nun auch in einer neuen Branche, bei Fahrrädern, genauer gesagt Lastenfahrrädern. Eine technische Innovation von Jörn steckt im neuen Cargoline Lastenrad der Kettler Alurad GmbH. Das Modell hat schon mehrere Preise gewonnen. Hinzu kam eine Nominierung für den baden-württembergischen Innovationspreis speziell für Komponenten, die Jörn entwickelt hat.

Der Impuls dafür war vom RKW Baden-Württemberg gekommen: RKW BW-Fachberaterin Mirjam Grossmann hat das Unternehmen einige Zeit dabei begleitet, auf Social Media sichtbar und präsent zu werden. Sie machte Geschäftsführer Kai Reinke auf den Innovationspreis aufmerksam und unterstützte bei der Bewerbung.

Auch im Mittelstand entstehen innovative Produkte

Das neue Kettler-Lastenrad ist eine Erfolgsgeschichte. Es kam Anfang 2021 auf den Markt und hat seither schon den Red Dot Product Design Award 2021 und den Eurobike Gold Award 2021 gewonnen. Explizit für die Funktionalität, die in einem innovativen Lenkungssystem und der Federung steckt. Dazu haben neu entwickelte Komponenten von Jörn einen entscheidenden Beitrag geleistet: jenes Federungssystem, mit dem Jörn auch nominiert wurde für den Dr.-Rudolf-Eberle-Preis 2021, den renommierten Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg.

Die Jörn GmbH in Waiblingen ist Spezialist für Federn und elastische Gelenke auf Basis von Gummi, das an entsprechende Metallteile anvulkanisiert ist. Man setzt die Teile ein, um schwingende Aggregate zu lagern oder Teile vor Vibrationen zu schützen – beispielsweise in Motoren und Getrieben, Nebenaggregaten und Fahrerkabinen. Gummi-Metalllager von Jörn werden im Fahrzeugbau außerdem als Lager von Lenkern und Stabilisatoren im Fahrwerk verbaut. Ziemlich neu bei Jörn ist das Thema Fahrrad.

Die Nominierung für den KMU-Innovationspreis als Meilenstein

Zur Preisverleihung am 16. November im Haus der Wirtschaft brachte Jörn-Geschäftsführer Kai Reinke das Kettler-Lastenfahrrad mit. Die Preise überreichte Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut am Ende an andere Nominierte. Die Jörn GmbH erhielt eine Anerkennung. Auch darüber freut sich Geschäftsführer Reinke sehr. „Es haben sich 112 Unternehmen beworben, wir sind unter die besten neun gekommen, das finde ich großartig!“

Bereits die Nominierung wird bei dem helfen, was derzeit erklärtes unternehmerisches Ziel der Jörn GmbH ist: sich in einer neuen Branche, der Fahrradbranche, einen Namen zu machen und Fuß zu fassen. „Mit der Nominierung haben nun auch Experten bestätigt, dass sie die Entwicklung von Jörn für sehr innovativ halten – das hilft uns sehr!“, sagt Reinke.

Ein guter neuer Aspekt, um Aufmerksamkeit in den sozialen Medien zu erzeugen und ins Gespräch zu kommen. Genau das hatte Mirjam Grossmann, die Fachberaterin vom RKW BW, im Blick, als sie Kai Reinke im Frühjahr dazu motivierte, sich um den Preis zu bewerben.

Worum genau geht es bei der Innovation aus dem Hause Jörn? Darum, dass Lastenräder alltagstauglich werden. Dafür müssen sie sehr viel robuster und solider sein als normale Fahrräder – ihre Laufleistung ist um ein Vielfaches höher, erst recht, wenn Lastenfahrräder gewerblich eingesetzt werden. „Ein normales Fahrrad wird, selbst wenn es viel genutzt wird, im Jahr selten mehr als 5000 Kilometer gefahren – ein gewerbliches Lastenfahrrad hingegen kommt schnell auf 900 Kilometer pro Woche oder mehr. Es hat dieselbe Distanz also innerhalb von vier oder sechs Wochen zurückgelegt“, erklärt Reinke.

Mehr Verschleiß ist da nur ein Thema. Das andere: Durch die Lasten der Zuladung erhöht sich die Belastung für den Rahmen sehr – zugleich müssen Lastenräder so konstruiert werden, dass sie sowohl mit als auch ohne Last komfortabel zu fahren sind. Ist das Gewicht ungut verteilt, drohen Torsionsschwingungen, das Rad wäre kaum noch kontrollierbar. „Es war klar: Für Lastenräder müssen speziell angepasste Komponenten entwickelt werden“, sagt Kai Reinke.

Die innovative Idee: vom LKW zum Lastenrad

Die zündende Idee entstand auf einer längeren Autofahrt von Geschäftsführer Kai Reinke mit seinem Kollegen Thomas Uhlig. Beide sind radsportbegeistert. Und grübelten gemeinsam: Warum nicht für Lastenfahrräder eine spezielle Federung bauen, eine Gummi-Metall-Verbindung, wie Jörn sie für andere Zwecke schon erfolgreich entwickelt hat? „Gummigelenke erreichen die notwendige Beweglichkeit durch reine elastische Verformung des Materials, die Molekularverformung. Im Gegensatz zu Gleit- oder Wälzlagern gibt es keine Reibung und damit auch keinen Verschleiß“, sagt Reinke. „Gerade bei kleinen Bewegungen und kleinen Verdrehungen ist dies ein großer Vorteil gegenüber anderen Lagertypen.“ Bei LKW-Fahrwerken haben sich die Jörn-Lösungen längst bewährt: Fast alle geschmierten gleitenden Gelenke und Lenkerlager wurden sukzessive durch Gummi-Metalllager ersetzt. Die Schlitzbuchse von Jörn gilt als Branchen-Standard beim Blattfederaugenlager.

Für Lastenräder hat Jörn neue Lösungen entwickelt, die auf den LKW-Erfahrungen aufbauen. Am Tretlager gibt es ein drehelastisches Gelenk. Dafür wird eine Schlitzbuchse verwendet, die besonders elastisch bei Verdrehung ist, aber in anderen Richtungen sehr steif bleibt. Weitere Gummilager wurden für die Verbindungen der Sitzstreben konstruiert, sie entscheiden über die eigentliche Federcharakteristik des Rads. Hinzu kam eine Lösung für die Federung des Lenkers. In einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit Kettler machte Jörn die Komponenten serienreif.

Mit Marketing in der neuen Branche ankommen

Ein System, das in einer Branche sehr gut funktioniert, in eine andere Branche transportieren. Und es dabei neu denken, anpassen und weiterentwickeln: Das war die Innovation, mit der sich Jörn um den Eberle-Preis beworben hat. Untermauert dadurch, dass Jörn endlich gelungen ist, was zuvor keiner geschafft hatte. Denn die Fahrradbranche hatte bereits versucht, Gummi-Elemente einzusetzen, war damit aber gescheitert. Erst die Expertise von Jörn brachte den Durchbruch. Seit der Übernahme eines ehemaligen Lieferanten 2019 produziert Jörn solche Gummi-Metallteile auch selbst.

Kai Reinke ist dankbar für den Impuls seiner RKW BW-Fachberaterin: „Sie hatte uns nahegelegt, uns zu bewerben. Also sind wir es angegangen. Die eigentliche Bewerbung war schon ein Aufwand, das haben wir überwiegend im Haus gestemmt. Aber wie auch bei unseren Social-Media-Projekten war Frau Grossmann unterwegs eine wertvolle Sparringspartnerin.“ Und dies, obwohl die eigentliche Beratung zu der Zeit schon abgeschlossen war. „Sie hat uns immer wieder Hinweise zur Strukturierung gegeben und wertvolle Gedanken beigesteuert.“


Weitere Informationen:

Jörn GmbH
71336 Waiblingen

www.joern-gmbh.de

RKW BW-Berater:  Achim Fuderer

RKW BW-Fachberaterin: Mirjam Grossmann

Schwerpunkte der Zusammenarbeit:
Corona-Krisenberatung, Ausbau der Sichtbarkeit im Internet

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