Gegründet, gewachsen - und heute? Jedes Jahr begleitet das RKW BW zahlreiche Gründerinnen und Gründer beim Aufbau eines eigenen Unternehmens. Uns interessiert: was ist aus ihnen und ihrem Unternehmen geworden? Wir berichten über Wachstumsstrategien, Startup-Kultur und Geschäftsmodellentwicklung aus der Praxis von ehemaligen Existenzgründenden auf ihrem Weg zum nachhaltig erfolgreichen KMU.
Im Jahr 2012 war Wertstoffmanagement längst nicht so ein Thema wie heute. Gründerin Nadine Speidel, damals Mitte 20, war sich trotzdem sicher: In diesem Bereich kann und muss man was bewegen – erst recht! Sie gründete mit einer Freundin GlobalFlow. Das RKW Baden-Württemberg begleitete sie dabei. Heute hat GlobalFlow eine stattliche Referenzliste, und das Thema ist wichtiger denn je. Team und Ausrichtung des Unternehmens haben sich unterwegs gewandelt, seit drei Jahren ist alles stabil. „Wir haben unseren Kurs, unseren Stil und die zu uns passenden Dimensionen gefunden“, sagt die einstige Gründerin.
Nach der Gründung einen Namen im Bereich Kreislaufwirtschaft gemacht
Beratung und Dienstleistungen rund ums Thema Kreislaufwirtschaft: GlobalFlow hat sich einen Namen gemacht im Bereich Abfall- und Wertstoffmanagement. Unternehmen werden dabei unterstützt, ihre Entsorgungsstrukturen zu optimieren, neu zu denken und auf diese Weise auch Rohstoffe und Energie einzusparen. Unter den Referenzen sind beispielsweise ZF und MAN, Melitta und Hipp, Ritter Sport und das Deutsche Rote Kreuz.
„Vom Maschinen- und Anlagenbau über Automobilzulieferer bis zur Gesundheitsbranche“, sagt Berater Ralph Sieger vom RKW Baden-Württemberg anerkennend. Er hat GlobalFlow von Anfang an betreut und begleitet. 2012 nutzte GlobalFlow als Starthilfe die Gründungsberatung des RKW BW, meldete sich später im Alltag gelegentlich mit Fragen. 2020 gab es eine weitere Beratungseinheit zu betriebswirtschaftlichen Fragestellungen, berichtet Sieger. „GlobalFlow hat seit der Gründung viele Kunden an sich binden können. Was mich persönlich am meisten beeindruckt: Das junge Team hat 2012 enorme Weitsicht gezeigt und sich profiliert mit einem Thema, das damals weitaus weniger im Fokus war als heute.“
Was Nadine Speidel umtreibt: „Viele Firmen haben immer noch nicht auf dem Schirm: Sie sind selbst Rohstoffproduzenten – durch ihr Recycling.“ Dieses Thema ist für sie eine Mission. Mittlerweile ist die 36-Jährige ein bekanntes Gesicht ihrer Branche. Sie wurde in den Hochschulrat ihrer früheren Hochschule gewählt, ist Vorstand bei BWcon und sitzt im Beirat des Ressourceneffizienzkongresses. Sie ist gut vernetzt und dicht an allen Entwicklungen. Derzeit schreibt sie ein Buch: ein Praxisleitfaden zum betrieblichen Abfallmanagement.
Nicht zufrieden mit dem Vorhandenen
Das war wieder so ein Punkt, bei dem sie mit dem Vorhandenen schlicht nicht zufrieden war: „Klar, es gibt schon Material. Aber meist als Unterkapitel im Bereich Facility Management. Nie mit dem Fokus auf Abfallmanagement.“ Und das reicht nicht. Auch vor zehn Jahren war Unzufriedenheit mit dem, was üblich ist, ein treibender Impuls für die Gründung. Als Werkstudentin hatte Speidel erste Einblicke in einen Konzern. Was sie sah, hat sie nicht überzeugt: „Das haben wir doch ganz anders gelernt!“
Anders und besser – also entschied sie sich, aktiv zu werden, die Rolle zu wechseln, als Beraterin einzusteigen. Damit sie etwas dafür tun kann, dass an möglichst vielen Orten das Abfallmanagement besser wird. „Konzepte so entwickeln, wie sie sinnvoll sind – nicht, wie man es schon immer gemacht hat.“ Genau so geschah es, direkt nach der Uni. Nadine Speidel hatte zwei Abschlüsse, einen Bachelor in Energie- und Recycling-Management und einen Master in Produktionsmanagement. Eine langjährige Freundin wurde Gründungspartnerin.
Nachhaltig ist wirtschaftlich
Für Businessplan und Gründungsidee gab es erste Aufmerksamkeit und Preise. Womit GlobalFlow bis heute Kunden überzeugt: Wenn ein Unternehmen (egal ob Handwerker, Mittelständler oder Konzern) im Bereich Recycling und Entsorgung gute Strukturen schafft und Prozesse optimiert, profitiert es doppelt. Es wird rentabler, zugleich ist das Ergebnis besser für Umwelt und Gesellschaft. Der zweite Punkt gewinnt rasant an Bedeutung. Inzwischen ist Nachhaltigkeit nichts mehr, was nur Idealisten tun. Inzwischen ist das erklärtes politisches Ziel – und ein Thema, nach dem auch Banken fragen. Wenn Prozesse nicht nachhaltig sind, wird das auf lange Zeit zum wirtschaftlichen Nachteil.
Neun Jahre seit der Gründung – der Weg war weder gerade noch bequem. Die ersten Jahre: spannend. „Man hat uns zuerst nicht ernst genommen. Stichwort ‚Jugend forscht‘. Nach ersten Referenzen wurde es besser“, berichtet Speidel. Der dritte Gründungspartner stieg nach wenigen Wochen aus. Das Unternehmen wuchs, stellte sich breiter auf. Mehrfach zog man um. Die zweite Mitgründerin stieg aus familiären Gründen aus. Die Schwester von Nadine Speidel kam und blieb, die Betriebswirtin ist seither zweite Geschäftsführerin. Zwischendurch gab es 16 Beschäftigte, auch Tochtergesellschaften und Kooperationen, ein selbst entwickeltes Produkt am Markt.
Lieber schlanker und fokussiert
Eine Entwicklung, die die Chefinnen mittlerweile korrigiert haben, „unsere Lernkurve“, nennt es Nadine Speidel. Was war geschehen? Der Druck war gewachsen, man musste akquirieren, um die Mitarbeiter auszulasten. Das eigene neue Produkt hätte mehr Aufmerksamkeit gebraucht, ebenso die Beschäftigten, und Nadine Speidel realisierte: Ich kann das nicht alles gleichzeitig richtig und gut machen. „Das Thema ist der Fokus!“ Es wurde gebremst, reduziert, stabilisiert. Heute ist das Unternehmen deutlich schlanker mit fünfköpfigem Team. „Wir machen nur das, was wir wirklich können“, sagt Nadine Speidel. Präsentationsfolien erstellen, Software programmieren, ans Telefon gehen: übernehmen andere. „Wir geben vieles ab an diejenigen, die das eh besser können.“ Für sie ist es so perfekt: „Wir sind klein und flexibel. Das hat uns auch geholfen, Corona gut zu überstehen.“
Beratung, Schulung, Outsourcing
Zentral ist bei GlobalFlow bis heute die Beratung. Als zweites Standbein haben sich Lehrgänge bewährt: Man kann bei GlobalFlow die Fachkunde als Abfallbeauftragte*r erwerben, sowohl den Grundlehrgang als auch die auffrischende Fortbildung. Und man kann Abfallberatung an GlobalFlow outsourcen.
GlobalFlow hat eine Standardisierung des betrieblichen Abfallmanagements entwickelt. „Das beginnt bei der Beschaffung: Was und wie kauft man überhaupt ein? So, dass das Material später auch recycelt werden kann und die Produktverpackungen ebenso? Wie organisiert man die Prozesse, damit das betriebliche Abfallmanagement möglichst rentabel und mit wenig Aufwand läuft – und zugleich eine wirkliche Kreislaufführung gelingt?“ Nadine Speidel berichtet: „Wir haben das so standardisiert, dass beispielsweise auch Chefs, die selbst im Thema nicht tief drin sind, das Ganze steuern können.“
Ein Buch und eigene Software
Logischer nächster Schritt: eine Software, um Abfallmanagement optimal zu steuern. Diese Software entwickelt GlobalFlow zusammen mit einem Partner. Ebenso wie das Buch wird sie wohl 2022 auf den Markt kommen. RKW BW-Berater Ralph Sieger berichtet, dass das RKW BW fachlich gern mit GlobalFlow zusammenarbeitet, das Unternehmen im Netzwerk empfiehlt. Er beobachtet weiterhin mit Freude: „Diese Unternehmerinnen haben immer an sich und ihr innovatives Geschäftskonzept geglaubt. Das hat gut funktioniert! GlobalFlow selbst arbeitet nachhaltig und profitabel. Ich kann nur sagen: Respekt!“
Weitere Informationen
Beratenes Unternehmen | GlobalFlow GmbH |
RKW BW-Berater | Ralph Sieger |
Schwerpunkt der Zusammenarbeit | Gründungsberatung, Kurzberatung |
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