Mit dem Jahreswechsel hat der Gesetzgeber eines der größten Reformprojekte der letzten Jahrzehnte im Bereich des Gesellschaftsrechts auf den Weg gebracht: Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts soll die gesetzlichen Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie den verschiedenen Personenhandelsgesellschaften (oHG, KG und GmbH & Co. KG) an die Bedürfnisse des heutigen Wirtschaftslebens anpassen. Mit dem Jahreswechsel traten diese Änderungen nun in Kraft. Die Änderungen haben in der Praxis erhebliche Auswirkungen und können in vielen Fällen Handlungsbedarf auslösen.
Neu: Gesellschaftsregister für die GbR
Ein wesentlicher Baustein der Gesetzesänderungen betrifft die GbR. Die neuen gesetzlichen Regelungen sehen unter anderem die Möglichkeit vor, eine GbR in ein neu geschaffenes Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Eine eingetragene GbR führt dann als Namenzusatz die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder kurz „eGbR“.
Eine Pflicht zur Eintragung besteht nicht. Die Eintragung ist im Grundsatz freiwillig. Allerdings können ab dem 1. Januar 2024 im Grundbuch, im Handelsregister oder im Aktienregister zugunsten einer GbR nur noch dann Rechte eingetragen oder geändert werden, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Dies führt für viele Gesellschaften zu einer faktischen Eintragungspflicht.
Handlungsbedarf für Immobilien-Gesellschaften, Familienpools und depotführende Gesellschaften
Insbesondere für Gesellschaften, die Grundbesitz halten oder die Gesellschafter einer GmbH sind, werden daher Transaktionen ab dem 1. Januar 2024 nur noch nach erfolgreicher Eintragung im neu geschaffenen Gesellschaftsregister möglich sein. Die Bedeutung dieser Neuregelung ist nicht zu unterschätzen. Sie zieht für viele Gesellschaften unmittelbaren Handlungsbedarf nach sich: Der Erwerb oder die Veräußerung eines Grundstücks oder eines GmbH-Geschäftsanteils ist seit Jahresbeginn nur noch nach Eintragung im Gesellschaftsregister möglich. Im Aktienregister gelistete Namensaktien können zwar weiterhin wirksam erworben werden, die nicht registrierte GbR kann aber nicht im Aktienregister eingetragen werden, so dass sie sich nicht gegenüber der AG legitimieren kann.
Das hat weitreichende Folgen, da die GbR in vielen Familien genutzt wird, um Immobilien zu erwerben, zu halten oder die Vermögensnachfolge strukturiert und steueroptimiert zu gestalten (vermögensverwaltende Familiengesellschaften, Familienpools). Hier sollte rasch gehandelt und die Eintragung vorbereitet werden.
Vorteile der Eintragung
Die Eintragung im Gesellschaftsregister bietet praktische Vorteile, die alle Gesellschaften bürgerlichen Rechts nutzen können: So kann etwa die Existenz der Gesellschaft ohne Vorlage des Gesellschaftsvertrags nachgewiesen werden. Gleiches gilt für den Vertretungsnachweis der geschäftsführenden Gesellschafter. Weiter wird die Umwandlungsfähigkeit der GbR verbessert, da die eGbR künftig zu den umwandlungsfähigen Rechtsträgern gehören wird. Damit wird zum Beispiel zukünftig auch eine Umwandlung in eine andere Rechtsform, insbesondere eine Kapitalgesellschaft möglich sein.
Gesellschaftsregister, Handelsregister und Transparenzregister
Das Gesellschaftsregister ist ein Register, das sich am Vorbild des Handelsregisters orientiert, mit diesem aber nicht verwechselt werden sollte. Gleichwohl sind die Eintragungen online im einheitlichen gemeinsamen Registerportal der Länder (www.handelsregister.de) kostenlos für jedermann einseh- und abrufbar. In das Gesellschaftsregister sind der Name und der Sitz der Gesellschaft, die Anschrift sowie von allen Gesellschaftern Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort bzw. bei Gesellschaften deren Handelsregisterdaten einzutragen. Im Hinblick auf die Vertretungsmacht der Gesellschafter ist sowohl die nach dem Gesellschaftsvertrag für jeden der Gesellschafter generell gültige, sog. abstrakte Vertretungsmacht anzumelden als auch die sich insbesondere aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende, hiervon ggf. abweichende konkrete Vertretungsmacht eines Gesellschafters.
Darüber hinaus sind die wirtschaftlich Berechtigten aus Gründen der Geldwäschebekämpfung zum Transparenzregister zu melden, so dass ggf. auch Beteiligungsverhältnisse offenzulegen sind, die bisher nicht publiziert werden mussten.
Ablauf und Kosten der Eintragung
Die Gesellschaft wird in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts angemeldet, in dessen Bezirk die GbR ihren Sitz hat. Für die Anmeldung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister ist es nicht erforderlich, einen (schriftlichen) Gesellschaftsvertrag vorzulegen oder zu schließen. Haben die Gesellschafter keinen Gesellschaftsvertrag geschlossen, gelten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 705 ff. BGB. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die gesetzlichen Regelungen nicht immer mit den Vorstellungen der Gesellschafter übereinstimmen und es daher regelmäßig zu empfehlen ist, einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag zu schließen.
Die Eintragung der GbR bereitet der Notar vor, da die Unterschriften aller Gesellschafter notariell zu beglaubigen sind. Die Kosten für die Eintragung sind überschaubar – je nach Anzahl der Gesellschafter fallen für Gerichts- und Notarkosten wenige hundert Euro an. Die Eintragung dauert in der Regel nur wenige Werktage.
Rechtsfähigkeit der Außen-GbR
Die sog. Außen-GbR, also eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nach ihrem Zweck auf die Teilnahme am Rechtsverkehr gerichtet ist, ist nunmehr kraft Gesetzes selbst rechtsfähig und Trägerin ihres Vermögens. Das zuvor geltende „Gesamthandsprinzip“, wonach das Vermögen der Gesellschaft vom Privatvermögen der Gesellschafter rechtlich abgesondert zu betrachten ist und die Gesellschafter darüber nur gemeinschaftlich verfügen können, gilt nicht mehr. Eine Gesellschaft, die nicht am Rechtsverkehr teilnehmen soll („Innen-GbR“) ist hingegen weiterhin nicht rechtsfähig und auch nicht vermögensfähig.
Kommanditgesellschaft: Neues Informationsrecht für Kommanditisten
Für die Kommanditgesellschaft (KG) regelt das MoPeG nun ein „Informationsgrundrecht“ der Kommanditisten, das gesellschaftsvertraglich nicht eingeschränkt werden kann. Kommanditisten haben zukünftig das Recht auf Aushändigung des Jahresabschlusses, auf Überprüfung desselben durch Einsichtnahme in dazugehörige Geschäftsunterlagen und auf Auskunft über Gesellschaftsangelegenheiten, soweit dies zur Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist.
GmbH & Co. KG: Klarheit bei der Willensbildung bei der sog. Einheits-GmbH & Co. KG
Für die GmbH & Co. KG, bei der die KG alle Anteile an ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin (Komplementär-GmbH) hält, regelt das neue HGB, dass die Gesamtheit der Kommanditisten die Gesellschaftsrechte der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH wahrnimmt. Dies schafft Klarheit und löst ein seit langem bestehendes Grundproblem bei diesem Gesellschaftstyp.
Auslandssitz der Personengesellschaft – neue Gestaltungsmöglichkeiten insbesondere für die GmbH & Co. KG im grenzüberschreitenden Kontext
Das MoPeG führt für alle Personengesellschaften die Möglichkeit ein, einen vom tatsächlichen Verwaltungssitz abweichenden „Vertragssitz“ zu bestimmen. Bislang konnten Personengesellschaft nur einen Sitz haben – dieser musste am tatsächlichen Ort der Geschäftsführung liegen (sog. Verwaltungssitz). Bei grenzüberschreitenden Beteiligungsstrukturen führte diese Regelung bislang zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und letztlich zum Verlust der deutschen Rechtsform, wenn die Personengesellschaft aus dem Ausland geführt werden sollte. Bei der GmbH & Co. KG konnte hingegen zwar die Komplementär-GmbH ihren Verwaltungssitz ins Ausland verlagern, von dort aber nicht die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führen. Nach der MoPeG-Reform dürfen nun auch Personengesellschaften einen vom (deutschen) Vertragssitz abweichenden (ausländischen) Verwaltungssitz haben.
In welchen Konstellationen eine grenzüberschreitende Verlegung des Verwaltungssitzes rechtssicher in Betracht kommt, ist jedoch auch von der Anerkennung der Sitzverlegung durch die ausländische Rechtsordnung abhängig und muss im Einzelfall geprüft werden. Das MoPeG eröffnet hier aber dennoch wesentliche neue Gestaltungsmöglichkeiten.
Für alle Personengesellschaften: Neues Beschlussmängelrecht
Die neuen gesetzlichen Regelungen eröffnen für alle Personengesellschaften die Möglichkeit, ein an dem Recht der Kapitalgesellschaften orientiertes Beschlussmängelrecht zur Anwendung kommen zu lassen. Dies ist begrüßenswert. Wie im Aktienrecht wird zukünftig auch bei Personengesellschaften zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden. Die Beschlussmängelklagen sind dabei nur noch gegen die Gesellschaft zu richten und entfalten zukünftig als sog. Gestaltungsklagen gegenüber jedermann eine Bindungswirkung (inter omnes-Wirkung).
Für eine GbR besteht künftig die Möglichkeit, dieses neue Beschlussmängelrecht durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags für anwendbar zu erklären. Fehlt es an einer entsprechenden Regelung oder wollen die Gesellschafter der GbR das neue Beschlussmängelrecht nicht für anwendbar erklären, verbleibt es dabei, dass eine Feststellungsklage gegen alle Mitgesellschafter zu richten ist und das Urteil nur inter partes, also nur zwischen den Gesellschaftern, wirkt. Für oHG, KG und GmbH & Co. KG gilt das neue Recht hingegen automatisch. Soll es für die oHG, KG oder GmbH & Co. KG bei der bisherigen Regelung verbleiben, Beschlussmängel mit der Feststellungsklage geltend zu machen, ist dies im Gesellschaftsvertrag klarzustellen.
To Do‘s für Gesellschafter von Personengesellschaften
Gesellschafter von Personengesellschaften sind gut beraten, die Reform des Personengesellschaftsrechts zum Anlass zu nehmen, ihre Gesellschaftsverträge zu überprüfen und ggf. anzupassen. Jeder GbR mit registrierten Rechten ist dringend zu empfehlen, die Gesellschaft zur Eintragung ins Gesellschaftsregister anzumelden. Auch alle anderen Gesellschaften sollten sich überlegen, ob eine Eintragung im Gesellschaftsregister für sie vorteilhaft ist.
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