Das Interview mit Prokurist Harald Kimmerle von der Bürgschaftsbank Baden-Württemberg und Geschäftsführer Gernod Kraft vom RKW Baden-Württemberg beleuchtet die zentrale Bedeutung der Unternehmensnachfolge für den Mittelstand in der Region. Sie diskutieren Herausforderungen wie den demografischen Wandel und Finanzierungsengpässe sowie die Rolle ihrer Institutionen bei der Unterstützung von Unternehmen und potenziellen Nachfolgern. Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Nachfolgen werden ebenso behandelt wie zukünftige Trends und die Notwendigkeit einer professionellen Herangehensweise an diesen komplexen Prozess.
Bürgschaftsbank Baden-Württemberg, RKW Baden-Württemberg: Warum ist das Thema Unternehmensnachfolge besonders wichtig für die Wirtschaft in Baden-Württemberg, und wie positionieren sich Ihre Institutionen dabei als Unterstützer?
Harald Kimmerle: Die Unternehmensnachfolge ist aktuell eines der zentralen Themen. Sie sichert die Fortführung der KMU in unserer Region und damit Arbeitsplätze, Know-how und Wohlstand. Die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg unterstützt dabei als Risikopartner, um die Finanzierung der Übernahmen zu ermöglichen.
Gernod Kraft: Der Mittelstand ist für Baden-Württemberg essenziell und das RKW BW sieht sich als dessen „Wegbereiter“: Dabei setzen wir uns aktiv für einen möglichst reibungslosen Nachfolgeprozess ein, indem wir die zu abgebenden Unternehmen, aber auch die potenziellen Nachfolgenden optimal auf den kritischen Prozess des Übergangs vorbereiten.
Welche Hauptherausforderungen begegnen Unternehmern beim Nachfolgeprozess, und wie konkret unterstützen Sie diese dabei?
Harald Kimmerle: Zum einen schlägt der demografische Faktor voll zu; Haupthindernis stellt häufig ein Mangel an potenziellen und geeigneten Nachfolgern dar. Eine weitere Herausforderung ist die Finanzierung. Häufig treffen hohe Kaufpreise auf wenig Eigenkapital beim Übernehmer. Wir helfen mit passgenauen Lösungen diese Gräben zu überwinden.
Gernod Kraft: Eine Riesenproblem ist das Finden des passenden Nachfolgers, vor allem da die Familienlösung immer seltener in Betracht kommt. Aufgrund unserer breiten Vernetzung im Mittelstand sowie in der Gründungsszene des Landes gelingt es uns im Idealfall die passenden Kandidaten zu matchen. Wir unterstützen durch persönliche Beratung, von ersten Bewertungsfragen bis hin zur organisatorischen Begleitung des Übergabeprozesses.
Was sind aus Ihrer Sicht die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge?
Harald Kimmerle: Eine solide Finanzierungsstruktur und ein gut vorbereiteter Übergabeplan sind entscheidend. Zudem ist es wichtig, dass der Übernehmer zum Unternehmen passt und schnell das Vertrauen der Belegschaft und der Geschäftspartner gewinnt.
Gernod Kraft: Die rechtzeitige Planung und eine offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind essenziell. Der Übernehmende selbst sollte die passende „Denke“ haben und zudem über Führungskompetenz verfügen. Das ist im Zweifel sogar noch wichtiger als die Branchenkenntnis. Und natürlich sollte er die Vision mitbringen wie das Unternehmen beispielsweise in Sachen Nachhaltigkeit oder Digitalisierung zukunftsfähig gemacht werden kann.
Sehen Sie bestimmte Trends in der Unternehmensnachfolge, die für die Zukunft richtungsweisend sein könnten?
Harald Kimmerle: Eine Unternehmensnachfolge ist ein komplexes Vorhaben. Die derzeitigen konjunkturellen Unsicherheiten erfordern noch mehr Planung, strategische Überlegungen und Verhandlungsgeschick, zumal die Übernahmepreise weiter steigen.
Gernod Kraft: Die wenigsten Mittelständler sind beim Verkauf des eigenen Unternehmens annähernd so professionell wie im Verkauf ihrer Produkte oder Dienstleistungen. Da erliegt manch einer der Versuchung an einen Konzern oder Investor zu verkaufen - wodurch unsere bewährte Mittelstandsstruktur verloren zu gehen droht! Dabei gibt es auch heute zahlreiche engagierte, gut ausgebildete, junge Menschen, für die ggf. im Team eine Nachfolge genau das Richtige wäre. Die Option muss nur allen Seiten bekannt sein!
Ein ausführliches Videointerview zu diesem Thema folgt in Kürze.
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