Aktuell diskutieren viele Experten und Unternehmen, welches Potenzial der Einsatz Künstlicher Intelligenz im Personalmanagement bringt. Generative Ansätze, wie ChatGPT sind dabei nur der Anfang.

Für mittelständische Unternehmen, auch wenn sie sich noch in einem frühen Reifegrad der Digitalisierung befinden, bietet der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Personalarbeit eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Effizienz zu steigern und Prozesse zu optimieren.

Eine aktuelle Studie des ifo Instituts zeigt, dass KI aktuell zur Übernahme von Routineaufgaben eingesetzt wird. KI-Systeme können aber noch viel mehr: sie haben das Potenzial kognitiven Aufgaben, die bislang der menschlichen Intelligenz vorbehalten wurden, zu übernehmen. Darunter zählen Aufgaben zur Problemlösung, zur Planung aber auch zur Entwicklung kreativer Ansätze.

Künstliche Intelligenz (KI) kann Personaler also in vielerlei Hinsicht entlasten, indem sie repetitive Aufgaben automatisiert, Daten analysiert, Entscheidungen unterstützt und Prozesse optimiert. 

Die Chancen von KI – Unterstützung bei Personalaufgaben

So kann der Einsatz von KI im Personalwesen einen Mehrwert bieten:

  1. Recruiting und Bewerbermanagement: Digitale Recruiting-Plattformen ermöglichen eine effiziente Veröffentlichung von Stellenangeboten, das Screening von Bewerbungen und die Kommunikation mit Bewerbern. KI-gestützte Tools können bei der Identifizierung geeigneter Kandidaten helfen und den Bewerbungsprozess beschleunigen. Dadurch können Recruiter Zeit sparen und effektiver qualifizierte Bewerber identifizieren.
  2. Onboarding und Schulungen: Durch digitale Onboarding-Prozesse können neue Mitarbeiter schnell in das Unternehmen integriert werden, indem sie Zugang zu Schulungsmaterialien, Unternehmensrichtlinien und wichtigen Ressourcen erhalten. Chatbots können auch bei Fragen zum Onboarding-Prozess oder zur Unternehmenskultur unterstützen.
  3. Performance Management: KI kann bei der Analyse von Mitarbeiterleistungen helfen, indem sie Daten aus verschiedenen Quellen sammelt und Muster identifiziert, die auf Leistungsstärken oder -schwächen hinweisen. Dies kann dazu beitragen, objektive Leistungsbeurteilungen zu ermöglichen und Entwicklungsbereiche aufzuzeigen. Dennoch ist es wichtig zu beachten, dass KI nur dabei unterstützt vorhandene Daten zu sammeln. Gerade im Bereich Performance Management ist es von größter Bedeutung die Korrektheit der, von der KI bereitgestellten Daten zu prüfen. Des Weiteren muss beim Bestehen eines Betriebsrats darauf geachtet werden, dass dieser frühzeitig in die Überlegung KI einzusetzen, mit einbezogen wird.
  4. Personalisierte Schulungen und Entwicklung: KI kann dabei helfen, personalisierte Schulungsprogramme für Mitarbeiter zu erstellen, indem sie deren Fähigkeiten, Erfahrungen und Lernstile berücksichtigt. Mitarbeiter können Zugang zu maßgeschneiderten Lerninhalten erhalten, die ihre berufliche Entwicklung fördern.
  5. Personalplanung und -optimierung: Durch die Analyse von historischen Daten kann KI dabei helfen, die Personalbedarfe genauer vorherzusagen und Arbeitspläne entsprechend zu optimieren. Dies kann dazu beitragen, Überstunden zu reduzieren und die Mitarbeiterzufriedenheit zu verbessern.
  6. Mitarbeiterengagement und -bindung: KI-gestützte Tools können regelmäßiges Feedback von Mitarbeitern sammeln und Trends identifizieren, die auf Unzufriedenheit oder hohe Engagement-Level hinweisen. Auf dieser Grundlage können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um das Mitarbeiterengagement zu fördern und die Mitarbeiterbindung zu erhöhen.
  7. Talentmanagement: Digitale Tools können dabei helfen, Talente im Unternehmen zu identifizieren, zu entwickeln und zu binden. Mitarbeiter können Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten, Karriereentwicklung und Mentoring-Programmen erhalten, was ihre Bindung ans Unternehmen stärkt.
  8. Chatbots und virtuelle Assistenten: Chatbots können in der Personalabteilung eingesetzt werden, um häufig gestellte Fragen von Mitarbeitern zu beantworten, Unterstützung bei HR (Human Resources)-Prozessen zu bieten und auf Anfragen zu reagieren. Dadurch können Personaler entlastet werden und Mitarbeiter erhalten schnellere Unterstützung.
  9. Administrative Aufgaben automatisieren: KI kann dabei helfen, repetitive und zeitaufwändige Aufgaben wie die Verwaltung von Bewerbungen, das Planen von Vorstellungsgesprächen, die Beantwortung häufig gestellter Fragen von Mitarbeitern, die Erfassung von Arbeitszeiten, das Erstellen von Mitarbeiterdokumenten automatisieren, oder die Verwaltung von Urlaubsanträgen zu automatisieren.

Durch den Einsatz von KI können Personaler ihre Effizienz steigern, Zeit sparen und sich auf strategischere Aufgaben konzentrieren, die einen größeren Mehrwert für das Unternehmen bieten. Die oben genannten Chancen zeigen zudem, dass die Digitalisierung der Personalabteilung nicht nur dazu beiträgt, Prozesse zu optimieren, Kosten zu senken, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit, -produktivität und -bindung verbessern kann.

Was braucht es, um KI-Systeme erfolgreich im Unternehmen einzusetzen und wo sind ihre Grenzen?

Es ist wichtig zu beachten, dass der erfolgreiche Einsatz von KI in der Personalarbeit nicht nur technologische Lösungen umfasst, sondern auch eine Kultur der Offenheit für digitale Veränderungen erfordert. Die Mitarbeitende müssen gerne mit den Tools arbeiten und gleichzeitig im richtigen Umgang mit KI-Systemen befähigt werden. Softskills, wie Anpassung an neue Gegebenheiten, Offenheit für Veränderung und Innovation und kritisches Denken werden dabei immer wichtiger, um das Potenzial der KI optimal auszuschöpfen. Gerade letzteres ist von großer Bedeutung. KI kann zwar menschliche Aufgaben übernehmen, aber die letztendliche Entscheidung liegt immer beim Menschen. Er muss wissen, wann er auf die Problemlösungsansätze der KI setzt, oder wann es sinnvoll ist, selbst Entscheidungen zu treffen und sich gegen Lösungsansätze der KI zu entscheiden. Dafür ist es wichtig Mitarbeitende zu schulen, welche Anweisungen an KI-Systeme sinnvoll und zielführend sind. Immer mit dabei: ein kritischer Blick des Menschen, der die KI einsetzt. Bildlich lässt sich sagen: KI übernimmt die Co-Pilotenfunktion bei der Arbeit, während der Mitarbeitende weiterhin als Pilot das Steuer in der Hand hält.

Zudem gibt es auch einige weitere Grenzen und Herausforderungen, die um Umgang mit KI-Systemen beachtet werden müssen:

  1. Menschliche Komplexität: KI-Systeme können menschliche Eigenschaften wie Emotionen, zwischenmenschliche Beziehungen und individuelle Kontexte möglicherweise nicht vollständig erfassen. Dies kann insbesondere bei der Beurteilung von Soft Skills, kultureller Passung und anderen nicht quantifizierbaren Faktoren relevant sein.
  2. Bias und Diskriminierung: KI-Algorithmen können aufgrund von unzureichenden oder voreingenommenen Trainingsdaten Bias entwickeln und diskriminierende Entscheidungen treffen. Dies kann zu Ungerechtigkeiten bei der Rekrutierung oder Beurteilung, insbesondere wenn die Algorithmen sensible Attribute wie Geschlecht, Rasse oder sozioökonomischen Status berücksichtigen. KI-Systeme sind immer nur so gut, wie die eingespeisten Daten. Eine gute Nachricht: Aktuell stehen wir aber an dem Punkt, an dem wir KI noch relativ leicht entlang der Regeln und Policies des Unternehmens trainieren können.
  3. Datenschutz und Ethik: Der Einsatz von KI in der Personalabteilung erfordert den Umgang mit sensiblen Mitarbeiterdaten. Es ist wichtig sicherzustellen, dass Datenschutzrichtlinien eingehalten werden und dass die Verwendung von KI-Systemen ethisch vertretbar ist, insbesondere bei der automatisierten Entscheidungsfindung.
  4. Fehlende menschliche Intuition: KI-Systeme können möglicherweise nicht die menschliche Intuition und Erfahrung replizieren, die bei komplexen Personalentscheidungen wie Konfliktlösung, Talentmanagement und Coaching erforderlich sind.
  5. Vertrauen und Akzeptanz: Mitarbeiter und Führungskräfte müssen möglicherweise Zeit und Ressourcen investieren, um das Vertrauen in KI-Systeme aufzubauen und sich mit ihrer Funktionsweise vertraut zu machen. Ein Mangel an Verständnis oder Akzeptanz kann die Implementierung von KI in der Personalabteilung erschweren.
  6. Komplexität der Integration: Die Integration von KI-Systemen in bestehende HR-Systeme und -Prozesse kann komplex sein und erfordert möglicherweise Investitionen in Schulungen, Infrastruktur und technische Unterstützung.
  7. Regulatorische Anforderungen: Der Einsatz von KI in der Personalabteilung unterliegt möglicherweise regulatorischen Anforderungen und Gesetzen, insbesondere in Bezug auf Datenschutz, Fairness und Diskriminierungsschutz. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie diese Anforderungen einhalten, um rechtliche Risiken zu vermeiden.

Diese Grenzen bedeuten nicht, dass KI nicht sinnvoll in der Personalabteilung eingesetzt werden kann, sondern dass es wichtig ist, diese Herausforderungen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Ein bewusster und ethischer Einsatz von KI kann dazu beitragen, die Vorteile zu maximieren und potenzielle Risiken zu minimieren.

Wo geht die Reise hin?

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Personalwesen des deutschen Mittelstands verspricht eine spannende Entwicklung. In der Sage Studie „HR im Wandel – Ausblick auf 2024“ sahen mehr als 90 Prozent der befragten PersonalleiterInnen und GeschäftsführerInnen eine interessante, chancenreiche Zukunft für HR. Ein großer Treiber sind dabei Digitalisierung und KI. 79% der befragten Unternehmen sind sich sicher, dass allein durch die Automatisierung von Prozessen Personalabteilungen in ihrer Fülle an Aufgaben entlastet, werden können. Und das ist nur der Anfang.

Die Rolle von KI kann die HR-Arbeit transformieren, wenn die Offenheit und der Mut da sind, sich dem Thema anzunehmen. Um den Einsatz von KI in der Personalabteilung voranzutreiben, muss der Stuhl von HR am Entscheider-Tisch jetzt eingenommen werden. Während der Einsatz von KI-Systemen in anderen Fachbereichen wie Marketing oder Vertrieb mittlerweile schon fast „Standard“ ist, sind die Digitalisierung und Einbeziehung von KI in der Personalabteilung immer noch wenig sichtbar.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von KI im Personalwesen des deutschen Mittelstands großes Potenzial birgt, um die Effizienz zu steigern, Mitarbeiterentwicklung zu fördern und das Engagement der Belegschaft zu stärken. Durch eine sorgfältige Integration und Berücksichtigung ethischer Aspekte können Unternehmen die Vorteile von KI nutzen und gleichzeitig die Bedürfnisse und Rechte ihrer Mitarbeiter wahren. Unternehmen sollten sich allerdings immer mit der Frage beschäftigen: Wo stehe ich aktuell im Reifegrad der Digitalisierung, wo macht der Einsatz von KI überhaupt Sinn? Erst dann können konkrete Maßnahmen getroffen werden.

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Dr. Verena Krauer Prokuristin, Personal- und Organisationsentwicklung

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